Wednesday, September 2, 2020

Cicero verteidigt Lisa Eckhart. Sollte man lachen?

Als aussen-wohnender Auslaender (ich wohne in den US) verpasst man auch im guenstigsten Falle eine grosse Menge der jeweiligen fremden Kultur. Zum Beispiel, bis jetzt kannte ich den Namen Lisa Eckhart nicht. Zweiter Beispiel: ich weiss sehr wenig von deutschem Humor, schon weil deutsche KomikerInnen und KaberettistInnen nie in dem sorgfaeltig vorgetragenen Hochdeutsch der ARD und Germanistisk-Professoren sprechen, und ich deshalb bestenfalls ein Wort in fuenf mitbekomme.

Mit Unmengen von Kannmichirren also: mein bisheriger Eindruck von Cicero war einer von unfreiwilliem Komik, gar nicht der Verteidiger, den sich ein/e Komiker/Inn sich wuenschen wuerde. 

Ich lese Nietzsche gern, mit zweieinhalb grossen Ausnahmen: er schreibt komplett ahnungslos ueber Krieg und "Weibern" (seltenst "Frauen"), zwei Bereichen des Lebens, welche er nur von Hoerensagen kennt. Wenn man hoert, dass jemand "leidenschaftliche Nietzsche-Leserin" ist, ist man schon nervoes, weil man nicht weiss, ob sie Fan von den daemlichen Teilen ist. Und die andere halbe Ausnahme, die gar nicht Friedrich Nietzsches eigener Schuld ist: der Antisemitismus seiner Schwester, die 46 Jahre lang (!) Verwaelterin seiner Schriften war, und leider Gottes sehr erfolgreich bis zum heutigen Tag seinen guten Namen und Ruf mit dem Dreck der Antisemitismus and Deutschtuemmelei verbundet hat. 

Ich googlete Lisa Eckhart und fand, dass man seit ein paar Jahren darueber streitet, ob einige ihrer Witze antisemitisch sind. Und dass unter ihren Verteidigern Henryk M Broder ist. Ach, Broder... Also, ein Quagmire auf einem Mal. Es geht hier um eine mir ganz unbekannnte oestereichische Kabarettistin, welche einige Leute fuer nicht lustig halte, und eine liberalala Zeitschrift, welche nicht nur ich fuer albern halte. Man fragt sich, was Lisa Eckhart von diesem Verteidiger haelt -- von Cicero, meine ich. Der Broder ist noch ein weites Feld. Hmm. 

Also, dem Cicero gab Eckhart ein Interview vor nur einigen Wochen. Das enttaeuscht. Aber, widerholt gesagt: als aussen-wohnender Auslaender verpasst man so manches. Ich bekomme ungefaehr ein Wort in Fuenf eines deutschen Komikers mit. Ich hatte bisher gar nichts von Lisa Eckhart gehoert, usw. Kulturen sind doch verschieden, und das gehoert zu den Schwierigkeiten des Uebersetzens. 

Aber in wievielen Faellen schon war ich zuerst unueberzeugt von der ueblen Nachrede, spaeter aber schon und in Unmengen: bei Botho Strauss, bei Peter Sloterdijk... Und wieviele Nietzsche-leser/Innen haben sich doch entpuppt als rechte Arschloecher -- gewiss nicht alle, natuerlich. Nicht ich, nicht Walter Benjamin, viele andere noch auch nicht. Versteht sich. Und mein Instinkt, Dichter und Kuenstler im Zweifelsfall zu verteidigen, scheint mir noch wie vor wie ein gesunder. Trotzdem, in diesem Fall bekomme ich ein ungutes Gefuehl. Vieles erinnert mich schon an andere ungute Faelle. Aber der Fall ist mir noch neu, noch ganz nagelneu, und ich werde zuerst weiter zuschauen und mich nicht entscheiden.

 

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