(Ich kommentiere jetzt einen Aufsatz, der auf Englisch erschien, auf Deutsch. The End is Near.)
Alex Ross schreibt im New Yorker, Bob Dylan sei Richard Wagner.
Finde ich nicht. Ja, Wagner war einmal de riguer fuer gewisse Kreisen, die sich fuer die ganze Welt hielten, and dann spaeter passierte dem Dylan etwas aehnliches. Aber ein Kuenstler kann nichts fuer seine Anhaenger und was alles fuer Quatsch sie sagen ueber ihn und sich selbst. Wagner begruesste den Wagner-Kult und strengte sich an, ihn nach Moeglichkeiten auszunuetzen und aufzubauen, und machte sich zum nicht-ganz-heimlichen Koenig von Bayreuth, wo sein Geist immer noch regiert.
Dylan hat sich immer sehr skeptisch jeglichen Dylan-Kult gegenueber gehalten, und gegen Kulte um Kuenstler ueberhaupt.
Ross erwaehnt, dass Dylan einmal den Antisemit Wagner einen Erzkriminell genannt hat. Und nicht ohne Gruende, erwaehnt Ross leider nicht.
Ross schreibt:
"As the novelist Hari Kunzru has observed, a Nobel citation can exponentially increase a writer’s audience and help keep independent publishers afloat; in 2016, that opportunity was lost."
Der Literature-Nobel ist nie humanitaere Nothilfe gewesen. Dylan ist nicht der erste reiche Preistraeger. Wenn er denn reich ist. Ich weiss nicht, ob Dylan alles weggegeben hat fuer karitative Zwecke. Vielleicht kennt ihn Alex Ross persoenlich, und vielleicht ist Dylan tatsaechlich erstaeunlich steinreich. Aber wenn schon, er waere damit nicht der erste Steinreiche, der einen Nobel in Literatur bekam. Weder Mann noch Churchill war ein Obdachloser.
"What matters is the explosive fusion of words and music, and in both cases" [In dem Fall Wagner wie in dem Fall Dylan] "music is the igniting element."
So. Ross, wie viele Anderen, die behaupten, Dylan bekaeme den Preis zu Unrecht, hat verstanden, dass Dylan ein Musiker ist. Stimmt, ist er. Ross weiss auch, dass etwas Besonderes passiert in der Kombination von Dylans Wortern und Dylans Musik. Das stimmt auch, und ist auch der Fall immer wenn ein gutes Lied gut vorgetragen wird.
Aber wenn man von Dylans Musik wegsieht, und die Worte allein, an und fuer sich betrachtet, auch dann sind sie etwas preiswuerdiges. Noergler wie Ross -- es gibt deren sehr viele -- wollen Dylan dafuer bestrafen, dass er auch, darueber hinaus, ein Musiker ist, was seine Leistung nur noch imposanter macht, anstatt seine Talente als Dichter zu relativieren.
Am Ende dieses Stueck Noergelei schreibt Ross ueber Dylan:
"He deserves the Nobel Prize."
Gut, dass Ross nicht vergisst, das zu erwaehnen; naemlich, anderenfalls haette man nie wissen koennen, dass er so meint. Am Anfang seiner Essay behauptet Ross:
"My Dylan fandom is as immoderate as anyone’s."
Sehr viele Stuecke in den letzten paar Tagen fangen so an: "Es gibt gar keinen groesseren Dylan-Fan, als ich" -- Nur um fortzufahren: "Aber [...]"
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