Falls Du es noch nicht weisst: alle einigen Jahre veroeffentlicht ein doofes Ding das Cicero heisst eine doofe Liste welche
Die Cicero-Rangliste der 500 wichtigsten Intellektuellen des deutschsprachigen Raums
heisst.
Meine heftigste Reaktion zu der Liste ist dass ich nicht darauf bin. Das ist empoerend. Das darf nicht stehen.
Wenn Du darauf einwendest: Aber Steven, es heisst "Intellektuellen des deutschsprachigen Raums," was bliebe mir oder sonst jemand zu erwidern als etwa: "Oh, Ohhh, SO eine Liste ist es also? Im Klartext also "die 500 DEUTSCHESTEN Intellektuellen des deutschsprachigen Raums, eh?"
Ich spiele. Solchen Kram kann ich nicht wirklich sehr ernst nehmen. Aber nimm Dir eine Minute, denke darueber nach: wer sich selbst The Wrong Monkey nennt -- geht es ihm wohl stets vor allem um ernsthaften Dingern?
Es ist doof, intellektuell und national zugleich sein zu wollen. Diejenigen auf der Liste, die man am ehesten ohne Haeme "Intellektuelle" nennt, sind das was sie sind zum grossen Teil weil sie mehrspraechig und international sind. Also, eine Liste von Intellektuellen des Raums einer einzigen Sprache ist schon an sich albern.
Andererseits: Ciceros Liste ist wenigstens ehrlicher als eine, die international sein wollte, und 283 oder mehr von den 500 waeren Deutschoesterreichunddeutschschweizer. Ein wenig albern ist es, ueberhaupt eine internationale Liste von Intellektuallen zu erwagenen, weil die Welt sehr gross ist, und man kann nicht fairerweise erwarten, dass ein deutscher Listemacher sich gruendlich auskennt bei dem intellektuellen Leben von, sagen wir, Brasil. Oder ein brasilianischer Listemacher bei der intellekuellen Leben von, sagen wir, Indonesien. Usw.
Aber diese Liste von Cicero ist vom Grunde auf doof, weil sie "Intellekuelle" "ehrt," weil sie beruehmt sind. Also, wegen dessen, was sie gemeinsam mit Thomas Gottschalk und Kim Kardashian haben. Intellektuelle sind weder wichtig noch intellektuell weil sie beruehmt sind. Ich bin immer noch nicht ueberzeugt, dass Hegel ein wirklicher Intellektueller war, ich halte es noch mit Schopenhauer, wenn es um die Beurteilung Hegels geht. Aber was auch immer er war, Intellektueller oder sonst etwas -- er hoerte nicht auf, das zu sein, weil Berlins groesste Hoersaale zu klein waren, um alle seiner Fans auf einmal einzuschliessen.
Ist einer ein wirklicher Intellektueller, hoerte er natuerlich nicht auf, es zu sein, und buesst auch nicht an Wichtigkeit ein ein, falls er beruehmt wird bevor er stirbt. Das waere die widerliche Ansicht von Snobs: Leute, die REM 1982 liebten und sie seit 1985 hassen, die Sloterdijk Maerz 1983 liebten und ihn seit Mai 1983 hassen.
Ich waere gern beides: einerseits intellektuell, andererseits sehr sehr beruehmt, ein Rockstar. Und deshalb aergert es mich, das ich nicht auf Ciceros doofe Liste stehe, neben Menschen, die nicht notwendigerweise genial zu nennen waeren, aber geniessen irgendwo den Ruf, Intellektuelle zu sein, und trotzdem nicht selten auf derselben Zeitungsseite erwaehnt werden als Berichte von den letzten Unwichtigkeiten von Kardashian und Werbung fuer Haribo mit Gottschalk.
Niemand, denke ich, haelt Martin Walser fuer den tiefsten lebenden Denker, der Deutsch schreibt. Aber seit mehr als 60 Jahren veroeffentlicht er Unmengen von Fiktion, welche von einigen Kritikern ernstgenommen wird. Nicht immer sehr viele Kritiker, nicht stets dieselben Kritikern, nicht immer sehr ernst genommen. Aber immerhin: 60 ununterbrochenen Jahre von ja doch vielleicht als Intellekueller gelten, und Du bist der wichtigste Intellektuelle des deutschen Sprachraums, das heisst, der beruehmteste noch lebende Mensch, der im grossen und ganzen fuer einen Intellektuellen gilt.
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